Das klingt für mich nach einem sehr zum Karmel passenden Titel für Maria. Maria lehrt uns, Zeitlichkeit zu leben. Sie verbindet uns im Hier und Jetzt mit der
Ewigkeit Gottes: „Hier bin ich“ … Fiat. Das ist Marias Melodie in jedem Augenblick ihres Lebens.
Uns im Gebet an Maria zu wenden, erwirkt uns die Gnade, uns selbst gegenwärtig zu werden.
Maria macht uns die Würde unseres Lebens als Hauptpersonen des Planes Gottes mit uns und
fruchtbare Ackerböden für seine Aussaat bewusst. Maria lebte jeden Augenblick ihres Lebens, ohne
auszuweichen oder die Flucht anzutreten. Selbst als sie die Pläne Gottes nicht verstand und alles
einfach in ihrem Herzen bewahrte, blieb sie ein einziges „Ja“ zu der vom Engel verkündeten
Botschaft: eine Krippe mitten im Unbehaustsein; Akzeptanz im Verlust des Sohnes; eine Mutter,
die ihren Sohn unter dem Kreuz zu neuem Leben gebar.
Unsere Liebe Frau vom Berg Karmel ist die Muttergottes vom Jetzt, vom Kairos Gottes. Sie ist eine
Schule, die uns lehrt, wie man in der Zeit lebt. Sie lehrt uns, mit der Vergangenheit zu leben, indem
wir uns an die Ursprünge, an unsere Wurzeln, unsere erste Liebe, an die „Wahrheit unserer
Kindheit“ zurückerinnern, an die Botschaft, die uns der Engel verkündete, und im Vertrauen auf
Gottes Fürsorge, der uns vorangeht, die Sicherheiten der Vergangenheit zu vergessen und
loszulassen. Von Anfang zu Anfang unterwegs zu bleiben. Sie lehrt uns auch, in der Gegenwart zu leben und das einfachste Gebet zu sprechen: „Hier bin ich, Herr“, also Rückbesinnung und
Versöhnung, um uns auf das Leben zu konzentrieren und einfach zu tun, was jetzt dran ist. Mit
Maria Kontemplative zu sein, bedeutet, im Jetzt Gottes ganz geeint zu sein. Sie lehrt uns, die Zukunft mit einem gläubigen Herzen zu leben, das mitten in den Schwierigkeiten, mitten in der Nacht eine Spur der Verheißung Gottes und der Hoffnung erahnt und erlauscht. Marias Seele ist eine Expertin des Glaubens, dass das Leben immer wieder neu ersteht und geweckt wird.
Aus dem Brief von P. Miguel Márquez Calle OCD, Generaloberer, an die Karmeliten zum Karmelfest 2022